Veronika geht seit September in die erste Klasse. Der erste Schultag
war sehr aufregend: die Schule, das Klassenzimmer, die vielen Kinder
die sie nicht kannte und, nicht zuletzt die Frau Lehrerin.
Inzwischen hat Veronika viel Neues und Interessantes gelernt:
schreiben, rechnen, lesen, Religion. Jede Woche lernt Veronika einen
neuen Buchstaben.
Veronika geht gerne zur Schule. Sie hat inzwischen schon ihre
Mitschüler und Mitschülerinnen kennengelernt – sie sind ihr nicht
mehr fremd. Sie passt gut auf und ist die Schnellste in der Klasse –
zu schnell, denn; Veronika schreibt schlampig.
„Nicht so hastig, Veronika!“ sagt die Frau Lehrerin. „Lieber
langsamer aber dafür schön!“
„Das hast du furchtbar hin geschmiert! Das musst du nochmals
schreiben!“ sagt Mama oft, wenn sie die Aufgabe anschaut.
Es ist Abend. Veronika liegt im Bett. Sie ist sehr müde, kuschelt
sich an ihren Teddy, zieht die Decke über das Ohr und will schlafen.
Da sieht sie wie
von weit, weit weg ein Buchstabe auf sie zukommt. Immer näher kommt
er. Es ist ein „A“. Aber, was ist los mit dem armen „A“? es
hinkt ja. Ein Fuß ist kürzer. Jetzt sieht sie auch, dass das „A“
sich auf Krücken langsam vorwärts bewegt.
Nun bemerkt
Veronika, dass hinter dem „A“ eine Menge anderer Buchstaben heran
marschieren. Genau genommen ist keiner der Buchstaben so wie er sein
sollte: das „T“ hat ein schiefes Dach, das „E“ einen schiefen
Mund, das kleine „h“ hat ein langes Stelz-Bein, dafür hat das
kleine“d“ ein zu kurzes Bein und sieht aus wie das kleine“a“.
Manche Buchstaben können nur mühsam gehen, denn sie sind
zusammengewachsen wie siamesische Zwillinge.
Jetzt hat Veronika
verstanden: es sind alle Buchstaben, die sie schlampig geschrieben
hat. Immer mehr von ihnen kommen angelaufen. Manche tragen lange
Stiele mit Tafeln in der Hand. Auf den Tafeln steht:“Veronika ist
schlampig!“ oder „wir fordern eine schöne Schrift!“.
Nun beginnen die
Buchstaben im Chor zu schreien. Immer lauter wird das Schreien, immer
größer werden die Buchstaben. Sie fuchteln drohend mit den Tafeln,
haben die Bettdecke schon erreicht und marschieren auf Veronika zu.
Veronika ist starr
vor Schreck. Eben will das „A“ auf ihren Kopf steigen, da zieht
sie blitzschnell die Bettdecke über.
„Aufstehen
Veronika, es ist sieben Uhr, du musst zur Schule!“ Mama zieht die
Bettdecke weg und streichelt Veronikas Haar.
„Mama, die
Buchstaben waren da! Sie waren sehr zornig und sie waren böse auf
mich!“ schluchzt Veronika.
„Du hast
geträumt, Veronika!“ sagt Mama, „vielleicht“, fährt sie fort
„sind die Buchstaben im Traum zu dir gekommen, weil sie dir sagen
wollten, dass du nicht so schlampig schreiben sollst!“
Veronika nimmt
sich fest vor in Zukunft schöne, gerade Buchstaben zu schreiben.